Denken im System – Was steckt dahinter?

In unserem IPMA Level C / IPMA Level D Kompaktseminar auf der Bettmeralp (Schweiz) lernen Sie, was Denken im System bedeutet und warum dies besonders für das Projektmanagement eine wichtige Anforderung darstellt. Ausserdem wird das Systemdenken mithilfe des Systems Engineering zum Management von konkreten Projekten im Intensivseminar vorgestellt und das Konzept der lernenden Organisation betrachtet.

1.1 Was versteht man unter einem System?

Um sich dem Systemdenken anzunähern, wird im IPMA Level C / IPMA Level D Kompaktseminar zunächst der Begriff System definiert. Unter einem System (griechisch für Gebilde, das Zusammengestellte oder Verbundene) versteht man ein Gebilde, das sich aus einzelnen Elementen zusammensetzt, die in ihrem Zusammenwirken ein Ganzes bilden. Dieses ist mehr als die Summe seiner Teilelemente, die in eine Wechselwirkung zueinander treten und sich somit gegenseitig beeinflussen.

Sie lernen im Intensivseminar auch, dass sich Systeme von anderen Systemen abgrenzen lassen. So können einzelne Elemente eines Systems isoliert betrachtet oder herausgegriffen oder auch bestimmte Wechselwirkungen fokussiert oder ignoriert werden. Diese differenzierte Betrachtung eines Systems hängt von der Intention des Betrachters ab und lässt das System als Ganzes als abstraktes Konstrukt erscheinen.

Systeme spielen eine große Rolle in den Wissenschaften, die unterschiedliche Systeme aus der jeweils eigenen Perspektive definieren. Beispiele für solche, durch die Wissenschaften definierten Systeme, sind unter anderem: das Gesundheitssystem, das Immunsystem, der Handel, die Mathematik, das Ökosystem oder auch das Messsystem, das Politische System oder die Sprache und das Wirtschaftssystem.

Weiterhin erfahren Sie im IPMA Level C / IPMA Level D Kompaktseminar, dass sich Systeme auf zwei abstrakten Ebenen betrachten lassen. Die Makroebene betrifft das System als Ganzes und stellt es als Gebilde dar, das in seiner Gänze andere Eigenschaften als einzelne seiner Elemente haben kann. Auch die Mikroebene wird im Intensivseminar thematisiert. Diese Mikroebene betrachtet die Elemente des Systems, aus denen es zusammengesetzt ist. Deren Beziehungen untereinander sind beispielsweise Energie- oder Informationsflüsse und bestimmen wiederum die Eigenschaften des Systems auf der Makroebene.

Auch in der Projektarbeit spielen Systeme eine Rolle, beispielsweise als zu erstellendes Produkt (System „Software“) oder als Umfeld (System „Unternehmen“), in jenes das Produkt integriert werden soll. Für die Kenntnis der Einteilung von Systemen spielt auch die Unterscheidung zwischen komplizierten und komplexen Systemen eine Rolle, die im nächsten Abschnitt erläutert wird und ebenfalls Gegenstand des IPMA Level C / IPMA Level D Kompaktseminars ist.

1.1.1 Komplizierte vs. Komplexe Systeme

Komplizierte Systeme setzen sich aus sehr vielen Elementen zusammen, die untereinander eine definierte Verbindung eingehen. Charakteristisch für solche Systeme ist deren gute Berechenbarkeit und Vorhersagbarkeit des Verhaltens. Des Weiteren können auftretende Probleme in einem solchen System eindeutig identifiziert werden. Ein Beispiel für ein komplexes System ist das technische System „Auto“. Ein Experte mit dem entsprechenden fachlichen Wissen kann ein hier auftretendes Problem genau benennen und beheben.

Komplexe Systeme dagegen weisen vernetzte und sich in einem dynamischen Wechselverhältnis stehende Einzelkomponenten auf, so dass eine Berechnung der Prozesse schwer möglich ist. Lebende Systeme wie der Mensch oder das Ökosystem sind solch komplexe Systeme, aber auch soziale Systeme (eine Gesellschaft). In einem sozialen System existieren unterschiedliche Interessen, Ansichten und Erwartungen der einzelnen Mitglieder, die nicht statisch sind. Übertragen auf das Management von Projekten im Sozialen System bedeutet dies, dass eine statische Projektplanung mit unterschiedlichen, veränderbaren Ansichten schwer möglich ist und unvorhersehbare Ereignisse einkalkuliert werden müssen. Das Beispiel „Entwicklung eines neuen Automodells“ macht die Komplexität deutlich, wenn unterschiedliche Interessen von Käufern und Unternehmen abgewogen und miteinander verbunden werden sollen.

Um ein System hinsichtlich seiner Komplexität richtig einschätzen zu können, ist es ratsam, dessen Anzahl der Elemente mit deren Dynamik im Zeitverlauf in Beziehung zu setzen. Dies ist ein weiterer Lerngegenstand des Intensivseminars auf dem IPMA Level C / IPMA Level D. Eine geringe Ausprägung beider Größen spricht für ein einfaches System. Haben wir es mit vielen Elementen zu tun, die jedoch einer geringen Dynamik unterliegen, handelt es sich um ein kompliziertes System. Wenn wenige Teilelemente vorliegen, die jedoch einer großen zeitlichen Dynamik unterliegen, sprechen wir von einem komplexen System, das unter Vorliegen von sowohl zahlreichen Teilelementen als auch einer großen Dynamik zu einem äußerst komplexen System wird.

1.1.2 Systemeigenschaften

Es werden im Intensivseminar auf dem IPMA Level C / IPMA Level D noch einige Eigenschaften eines Systems aufgezählt, deren Kenntnis für ein erfolgreiches Projektmanagement ebenfalls von Nutzen ist, besonders bei deren spezifischer Ausprägung. Systeme können sein:

  • Komplex (vernetzte Elemente stehen in Wechselbeziehung zueinander und bilden Muster
  • Dynamisch (die Entwicklung verläuft nicht linear und ist schwer vorhersagbar),
  • Selektiv (Abgrenzung zur Umwelt und Kriterien-geleiteter Austausch),
  • Stabil bis wandelbar (Änderungen gegenüber affin oder nicht),
  • Adaptiv/nicht adaptiv (Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen oder erneute Abgrenzung) und
  • Lernend (Interpretation und Nutzung von Informationen und Erfahrungen).

Die spezifische Ausprägung dieser Merkmale kann unter Betrachtung eines Eingriffes in ein System und damit einhergehende Auswirkungen auf dessen Teile oder Teile eines anderen Systems eine Herausforderung für ein erfolgreiches Projektmanagement sein. Aus diesem Grund folgt die Betrachtung des Ansatzes des Systems Engineering zur Gestaltung komplexer Systeme, der eine große Rolle im IPMA Level C / IPMA Level D Kompaktseminar spielt.

1.2. Systems Engineering

Das Systems Engineering (SE) hat sich in der Gestaltung komplexer Systeme bewährt und wird hier im Intensivseminar ebenfalls vorgestellt. Zunächst werden Grundprinzipien des Ansatzes dargestellt.

1.2.1 Grundüberlegungen

Der generische Ansatz des SE als Gegenstand der Betrachtungen im Intensivseminar zur effizienten Gestaltung eines Systems sowie zur effizienten Problemlösung eignet sich grundsätzlich für alle Projekte. Neben den Gestaltungsprinzipien des SE spielen weitere Komponenten eine Rolle für ein kompetentes Management, zum Beispiel das Fachwissen der/des Manager(s) oder auch ein konstruktives Kommunikations- und Arbeitsklima innerhalb des Management-Teams.

Für die effiziente Systemgestaltung hat sich bewährt:

  • die Erstellung eines Abbildes der komplexen Realität (situationsangemessener Überblick über relevante Aspekte),
  • das Vorgehen vom Groben zum Detail (generelle Lösungsansätze zu Beginn werden mit fortlaufender Systemgestaltung detaillierter betrachtet),
  • das Herausarbeiten von System-Umwelt-Beziehungen (abgrenzen des Systems),
  • die Aufgliederung des Systems in Elemente und Beziehungen (identifizieren von Mustern und Wechselwirkungen),
  • das Klären von Sichtweisen und Perspektiven aller Beteiligten (alternative Perspektiven in Betracht ziehen),
  • das Gliedern der Systemgestaltung in Phasen (definieren von Phasen der Planung, Entscheidung und Kontrolle) und
  • das Einhalten eines Vorgehensrasters sowie
  • das Offensein für Hilfsmittel bei der Problemlösung.

Der im Zentrum des SE-Ansatzes stehende Problemlöseprozess wird im folgenden Abschnitt erläutert.

1.2.2 Systemdenken und Projektmanagement

Im IPMA Level C / IPMA Level D Kompaktseminar lernen Sie auch, dass der Prozess der Problemlösung als zentrale Methode des SE definiert wird zwei unterscheidbare Komponenten aufweist, die Systemgestaltung und das Projektmanagement. Die Systemgestaltung beinhaltet eine konstruktive Arbeit an neuen Lösungen für ein Projekt, die das zu gestaltende Objekt in seiner Umwelt fokussiert. Das Projektmanagement organisiert und koordiniert den Problemlöseprozess einschliesslich zu treffender Entscheidungen und deren Umsetzung, übernimmt hierfür die Verteilung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten.

Zur Gestaltung eines Systems kann sich das Projektmanagement auf bewährte Techniken stützen und stellt eine Verbindung zwischen Systemzusammenhang und Projektmanagement her. Ein Problem wird in systemischer Denkweise mithilfe von Techniken der Systemgestaltung in ein Vorgehensmodell überführt, das durch das Management mit Techniken des Projektmanagements gestaltet wird. Auch diese Techniken lernen Sie im IPMA Level C / IPMA Level D Kompaktseminar kennen.

1.2.3 Können Systeme lernen?

Diese Frage wird sich im Intensivseminar gestellt. Sie haben bereits die Eigenschaft „lernend“ eines Systems kennengelernt. Die Erfahrungen eines Projektes lassen sich nicht vollständig und unmittelbar auf ein anderes Projekt übertragen, da jedes Projekt für sich einmalige Bedingungen hat. Der hier im IPMA Level C / IPMA Level D Kompaktseminar angesprochene Lernprozess zur erfolgreichen Gestaltung eines Systems auf Basis von Vorerfahrungen muss daher sowohl die individuelle als auch die systemische Ebene beachten. Das sich hierfür bewährte Konzept der Lernenden Organisation (nach Peter M. Senge) wird Ihnen auch im IPMA Level C / IPMA Level D Kompaktseminar vorgestellt und beinhaltet fünf sich wechselseitig bedingende Disziplinen, die einen kontinuierlichen Lernprozess anregen. Diese Disziplinen sind: (1) das im Mittelpunkt stehende Systemdenken als wichtigste Komponente (Weiterentwicklung der Denkweise und Sprache zur Formulierung systemischer Wechselwirkungen mit dem Ziel der effektiven Systementwicklung), (2) die gemeinsame Vision (Förderung des Engagements im Projektteam in Hinblick auf die Entwicklung eines gemeinsamen Bildes einer Lösung), (3) die Mentalen Modelle (Erleichterung der Projektarbeit durch Ideen, Bilder und Vorstellungen über das Projekt, die jedoch mehrere Perspektiven zulassen müssen), (4) die Projektmanagementkompetenz (Erweiterung der persönlichen Kompetenzen und Erfahrungen im Management von Projekten unter ständiger kritischer Reflexion des eigenen Handelns) und (5) das Projektlernen (zu förderndes Lernen im Projektteam unter Nutzung von Synergieeffekten einzelner Mitglieder).

In diesem Kapitel im Rahmen des Intensivseminars auf dem IPMA Level C / IPMA Level D haben Sie gelernt, wie sich ein System definieren lässt, welche Eigenschaften es hat, worin sich komplexe und komplizierte Systeme unterscheiden bzw. wie Sie diesen Unterschied erkennen können. Sie kennen nun nach Absolvieren des Kompaktseminars auf dem IPMA Level C /IPMA Level D den Ansatz des Systems Engineering als Methode zur Gestaltung komplexer Systeme und den Zusammenhang zwischen Systemdenken und Projektmanagement. Sie wissen nun nach Abschluss des Intensivseminars auch, dass Systeme lernfähig sind und welche Bedingungen dafür vorliegen müssen.