Zwischen Vision und Wirklichkeit: Wie Bewirtschafter Bauprojekte managen, bevor sie gebaut sind

Bürovermietung Projektmanagement

Ein Praxisbericht aus dem Maschinenraum des Projektmanagements – am Beispiel Q72 Niederwangen


Was zur Hölle macht eigentlich ein Bewirtschafter – vor dem Erstbezug?

Die meisten stellen sich unter einem „Bewirtschafter“ jemanden vor, der nach der Fertigstellung eines Gebäudes die Mieter betreut, Heizkostenabrechnungen verschickt und mal einen Handwerker organisiert. Klar, gehört dazu. Aber wenn wir über smarte Neubauprojekte wie das Q72 in Niederwangen sprechen – also ein Hybrid aus Büroflächen, Ateliers, Coworking, Showrooms und Business-Apartments –, dann beginnt die echte Arbeit nicht erst bei Schlüsselübergabe für Büros mieten, sondern Jahre vorher.

Das Gebäude existiert noch nicht – und trotzdem muss bereits jetzt ganz konkret geplant werden, wer wie wo was nutzt. Warum? Weil die Räume im Idealfall nicht einfach gebaut und dann leer stehen, sondern massgeschneidert auf echte Nachfrage hin entwickelt werden. Und genau hier wird’s richtig spannend.


Die doppelte Projektleitung: Bewirtschaftung trifft Projektentwicklung

Die Rolle des Bewirtschafters im Vorfeld eines Projekts wie Q72 ist eine Mischung aus:

  • Marktanalyst
  • Kundenversteher
  • Flächenarchitekt
  • Kommunikationsprofi
  • Technik-Checker
  • Schnittstellenmanager

…und nicht zuletzt: Projektleiter mit PM-Skills, die sich gewaschen haben.

Warum das so ist? Weil der Erfolg solcher Projekte steht und fällt mit der Fähigkeit, Zielgruppenbedürfnisse frühzeitig zu erkennen und sie ins Projektdesign einfliessen zu lassen. Das gelingt nicht durch Bauchgefühl, sondern durch strukturiertes Vorgehen. Und jetzt geht’s ans Eingemachte.


Phase 1: Nachfrage erkennen – aber richtig

Projektmanagement für Büros und Workspaces vermieten

Tools & Methoden:

  • Marktanalyse
  • Personas erstellen
  • Interviews mit Zielgruppen
  • Keyword- und Trendanalysen (z.B. aus Google Ads)

Beispiel Q72:

Basierend auf den Google Ads Keywords wie büro mieten bern, coworking space, atelier mieten, gewerbefläche mieten bern usw. wurde klar: Das zukünftige Gebäude muss extrem vielseitig nutzbar sein, weil ganz unterschiedliche Nutzergruppen angesprochen werden sollen – vom Freelancer über die Marketingagentur bis zur Yogaschule.

PM-Kompetenz gefragt:

Stakeholderanalyse & Anforderungsmanagement. Wer sind die zukünftigen Stakeholder? Welche impliziten und expliziten Anforderungen gibt es? Tools wie Stakeholder-Map und User-Story Mapping helfen hier extrem weiter.


Phase 2: Raumkonzepte entwickeln, die flexibel UND konkret sind

Schulungsräume vermieten Projektmanagement

Hier kommt der Spagat: Die Räume müssen jetzt schon geplant werden – aber niemand weiss genau, wer 2027 wirklich einziehen wird. Lösung: modulare Nutzungsszenarien entwerfen, auf Basis der Marktbedürfnisse.

Showcase 1:

Eine Bildungsorganisation interessiert sich für einen Schulungsraum, den sie tagsüber nutzt. Abends könnte der gleiche Raum als Workshopspace für eine Agentur dienen – aber dafür braucht es mobile Wände, smarte Buchungstools und Akustikmanagement.

Showcase 2:

Ein Start-up plant, in Q72 ein Grossraumbüro mit flexiblen Arbeitsplätzen zu beziehen – später möchten sie eventuell wachsen. Ihre Anforderung: heute 150 m², morgen 300 m². Das muss das Flächenkonzept mitdenken.

Methoden & Hilfsmittel:

  • Nutzungsmatrix
  • Flächenbedarfsanalyse
  • Raumplanung mit BIM-Vorplanung (Building Information Modeling)
  • Szenario-Technik

PM-Kompetenz gefragt:

Systemdenken & Agiles Projektmanagement. Scrum funktioniert hier nicht 1:1 – aber iteratives Planen mit Prototypen (z.B. Möblierungsvarianten oder Grundrissskizzen) bringt enorme Vorteile. Tools wie Miro oder Floorplanner sind Gold wert.


Phase 3: Kommunikation mit Interessenten & CRM aufbauen

Anforderungen Bürobedarf

Ein oft unterschätzter Punkt: Ein Bewirtschafter muss schon vor Baubeginn kommunizieren, als wäre alles bereit. Warum? Weil Interessenten von heute die Mieter von morgen sind – oder halt auch nicht, wenn man sie nicht ernst nimmt.

Showcase 3:

Ein selbstständiger Coach aus Bern meldet sich via Website: „Ich suche ab 2027 ein Wohnatelier, in dem ich wohnen und arbeiten kann.“ Jetzt geht’s los: Interessen erfassen, Wünsche dokumentieren, Rückfragen klären – und alles sauber im CRM ablegen.

Hilfsmittel:

  • CRM-System (z.B. Pipedrive, HubSpot)
  • Kontaktformular mit automatisierter Erstreaktion
  • Vorlagen für Mailverkehr
  • FAQ-Dokumente und Visualisierungen

PM-Kompetenz gefragt:

Kommunikationsplanung & Stakeholderpflege. Man muss nicht nur planen, sondern auch verkaufen. Hier hilft z.B. die Anwendung von RACI-Matrizen, um Zuständigkeiten zwischen Vertrieb, Technik und Architektur sauber zu trennen.


Phase 4: Anforderungen mit Projektteam abgleichen

Anforderungen für die Büromiete abgleichen

Jetzt beginnt die interne Koordination mit Architekturbüro, Bauleitung und Eigentümerschaft. Die Mieterwünsche müssen machbar sein – technisch, rechtlich, budgetär. Oft ist das ein Tanz auf dem Drahtseil.

Showcase 4:

Eine Anfrage für einen Showroom mit 5 Meter Raumhöhe kommt rein. Problem: Das aktuelle Planungsmodell sieht nur 3.20 Meter vor. Jetzt braucht’s ein sauberes Changemanagement. Änderungsantrag erstellen, Mehrkosten berechnen, Priorisierung abstimmen.

Werkzeuge:

  • Änderungsmanagement-Protokoll
  • Risikoregister
  • Regelmässige Projektteam-Workshops
  • Visuelle Statusboards (z.B. mit Trello oder Asana)

PM-Kompetenz gefragt:

Change Management, Verhandlungsgeschick & Stakeholder Alignment. Wer nicht diplomatisch UND durchsetzungsfähig ist, verliert hier Zeit, Budget oder beide. Ein regelmässiger Review-Zyklus mit der Projektleitung ist Pflicht.


Phase 5: Mietangebote vorbereiten & Reservierungen managen

Mietangebote vorbereiten

Obwohl das Gebäude noch nicht steht, müssen schon jetzt Mietverträge vorbereitet, Grundrisse gezeichnet und Vormerkungen gemacht werden. Wichtig: alles sauber dokumentieren, um spätere Enttäuschungen zu vermeiden.

Showcase 5:

Eine NGO will zwei Räume verbindlich reservieren – aber nur, wenn die Betriebskosten unter CHF 25/m² liegen. Jetzt heisst es: Kalkulation starten, Eckdaten kommunizieren, Optionen sichern – und eine transparente, rechtssichere Kommunikation führen.

Hilfsmittel:

  • Mietpreiskalkulator
  • Vertragsvorlagen mit Varianten (für Büro, Atelier, etc.)
  • Checkliste „Mieteranforderung erfüllt?“
  • Dokumentenablage in Cloud (z.B. SharePoint)

PM-Kompetenz gefragt:

Qualitätsmanagement & Dokumentation. Ein Bewirtschafter muss alles nachvollziehbar machen können – für sich selbst, fürs Team, für Eigentümer und für Mieter.


Fazit: Bewirtschafter = Projektleiter mit Spezialauftrag

Wer denkt, Bewirtschaftung beginne erst beim Einzug, verpasst das halbe Game. Im Gegenteil: Bewirtschafter wie bei Q72 sind Front Runner im Projektmanagement, oft mit mehr Kundenkontakt als der Vertrieb und mehr Architekturverständnis als so mancher Bauleiter.

Sie analysieren, koordinieren, präsentieren, verhandeln, moderieren und führen.

Sie jonglieren zwischen Bauzeitplan, Kundenbedürfnissen, Mietvertragsrecht und technischer Machbarkeit.

Sie brauchen Tools, Methoden, Nerven – und manchmal einen guten Espresso.


Bonus: Die 10 wichtigsten PM-Skills für Bewirtschafter in Bauprojekten

  1. Anforderungsmanagement
  2. Stakeholderkommunikation
  3. Nutzungskonzeption & Flexibilität
  4. Change-Management
  5. Kalkulation & Vertrags-Know-how
  6. Digitale Tools souverän einsetzen
  7. Zeitmanagement & Priorisierung
  8. Teamführung & Koordination
  9. Risikoanalyse
  10. Strukturiertes Denken in komplexen Systemen

Schlusswort

Das Q72-Projekt zeigt exemplarisch, wie sehr die Rolle des Bewirtschafters heute von echter Projektleitung durchdrungen ist. Für angehende Projektleiterinnen und Projektleiter heisst das: Hier liegt eine Chance, Verantwortung zu übernehmen, bevor der erste Stein gelegt ist – und damit den Raum für die Erfolgsgeschichten anderer erst möglich zu machen.

Denn am Ende geht’s um eins: Räume zu schaffen, die funktionieren. Für die Menschen, die darin arbeiten, denken, erschaffen und verkaufen.