Unter dem Begriff Fehlerkultur versteht man die Art und Weise mit der soziale Systeme auf Fehler reagieren. Der Umgang mit dem Fehler hat Auswirkungen auf die Fehlervermeidung und die Risikobereitschaft innerhalb eines sozialen Systems. Das Thema gesunde Fehlerkultur im Projektmanagement ist Bestandteil unserer Kurse IPMA Level C und IPMA Level D. An dieser Stelle soll kurz erklärt werden, weshalb das Thema so wichtig ist.
Das Wort Fehler geht in der deutschen Sprache auf das lateinische Verb fallere zurück. Es bedeutet wörtlich zu Fall bringen und im übertragenen Sinne täuschen oder betrügen. Bei dieser Wortherkunft möchte sicher niemand das Risiko eines Fehlers eingehen. Das englische Wort error stammt dagegen vom lateinischen Verb errare mit der Bedeutung umherirren, umherschweifen und vom Weg abkommen. Auf dem falschen Weg kommt man möglicherweise auch ans Ziel oder an einen Ort, von dem man gar nicht wusste, dass er existiert.
Was du hier lernst:
Produktive Fehler
Eines der bekanntesten Beispiele für einen produktiven Fehler dürfte die Suche nach dem westlichen Seeweg nach Indien sein, bei der Christoph Kolumbus Amerika entdeckte. Johann Friedrich Böttger scheiterte bei der Goldherstellung und erfand dabei das europäische Porzellan. Ein undichter Transportbehälter führte dazu, dass Alfred Nobel das Wissen erlangte, aus reinem Nitroglyzerin transportfähiges Dynamit herzustellen. Fehler sind also nicht nur menschlich, sondern offenbar auch notwendig. Bewegen sich Menschen in unbekanntem Terrain, können sie ohnehin leicht vom Weg abkommen. Doch wo wären wir als Menschheit, wenn niemand etwas wagen würde. Die Angst vor dem Scheitern lähmt. Aber Scheitern ist nicht das Gegenteil von Erfolg. Es ist ein Teil davon.
Fehlervermeidung
Eine gesunde Fehlerkultur beruht nicht darauf, möglichst viele Fehler zu produzieren, um am Ende Erfolg zu haben. Fehlervermeidung ist immer eine sinnvolle Strategie. Für Unternehmen sind Fehler kosten- und zeitintensiv. Die Fehleinschätzung eines Autofahrers führt eventuell zum Tod eines Fussgängers. Der Fehlalarm bei einer Atommacht zur Zeit des Kalten Krieges hätte das Ende des Planeten bedeuten können.
Fehler sind also eine zweischneidige Angelegenheit. Zum einen können sie Innovationen anregen, zum anderen sind sie ein Ärgernis oder verursachen Katastrophen. Vor allem aber sind Fehler nicht zu umgehen. Auf den Punkt gebracht wird dieses Problem durch Murphys Gesetz, nach dem alles, was schiefgehen kann, auch schiefgehen wird. Interessant erscheint, dass Murphys Gesetz in einem ingenieurwissenschaftlichen Umfeld entstand, in dem es um die Fehlervermeidung bei Raketenschlittentests ging. Möglicherweise sind Fehler unvermeidbar. Die Anzahl lässt sich allerdings minimieren. Und der der gleiche Fehler sollte keinesfalls noch einmal auftreten.
Fehlerkultur im Unternehmen
Eine gesunde Fehlerkultur in einem Unternehmen beinhaltet also zwei wesentliche Punkte: Die Fehlervermeidung im Sinne des Qualitätsmanagements und die Unterstützung von Risikobereitschaft, die Innovationen ermöglicht.
Für eine Unternehmenskultur in diesem Sinne ist es wichtig, dass Fehler nicht geahndet, sondern als Teil eines Entwicklungsprozesses verstanden werden. Niemand sollte sich wegen eines Fehlers schämen müssen. Die Schuldfrage darf nicht im Mittelpunkt stehen. Es muss die Möglichkeit geben, den Fehler selbst einzuräumen und gleichzeitig eine Strategie zur Vermeidung anzubieten. Die Führungsebene sollte unbedingt offen mit den eigenen Fehlern umgehen. Auf diese Weise kann über Fehler gesprochen werden und es lohnt sich für niemanden, einen Fehler zu vertuschen.
Wenn es um neue Aufgaben geht, bei denen die Erfahrung nicht weiterhilft, ist das Risiko naturgemäss besonders hoch. Das Risiko sollte angesprochen und genau benannt werden. Eine Gefahr, die man beschrieben hat, verliert ein wenig den Schrecken. Ist man unterwegs zu unbekannten Ufern nehmen die Unwägbarkeiten zu, aber natürlich prüft man im Hafen die Qualität der Segel.
Fehler und Innovation sind nicht voneinander zu trennen. Für das Projektmanagement ist diese Erkenntnis von entscheidender Bedeutung. Aus diesem Grund wird das Thema in unseren Kursen IPMA Level C und IPMA Level D ausführlich behandelt.